Das durch das Eschentriebsterben hervorgerufene progressive Absterben von Trieben führt bei starkem Befall zu Kronenverlichtungen.

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Kreuzresistenz gegenüber Pilz und Käfer bei Eschen

Eine neue Untersuchung an Schweizer und skandinavischen Eschen zeigt, dass Eschen, die eine erhöhte Resistenz gegen das Eschentriebsterben besitzen, besser gegen den Eschenprachtkäfer gewappnet sind. Eine gezielte Förderung könnte die Ausbreitung des Käfers verlangsamen.

Michael Eisenring* | Nicht einheimische invasive Schädlinge und Krankheitserreger setzen Wäldern weltweit stark zu. Dadurch entstehen erhebliche ökologische und wirtschaftliche Kosten. Beispiele dafür sind die Ulmenwelke, der Kastanienrindenkrebs oder der Buchsbaumzünsler. Glücklicherweise können Bäume auf ein Arsenal an chemischen und morphologischen Abwehrmechanismen zurückgreifen, mit welchen sie sich gegen Schadorganismen verteidigen können. Aufgrund der steigenden Anzahl an eingeschleppten gebietsfremden Arten sind Bäume vermehrt durch verschiedene, oft sehr unterschiedliche, Schadorganismen bedroht. Ob Bäume auch in solch einer Bedrohungslage auf effiziente Abwehrmechanismen zurückgreifen können, die idealerweise gleich mehrere Schadorganismen in Schach halten – sogenannte Kreuzresistenzmechanismen – ist nur wenig erforscht. 

Die Esche (Fraxinus excelsior), eine ökologisch und wirtschaftlich sehr wichtige Baumart für die Schweiz, wird durch zwei invasive Schadorganismen bedroht. Einerseits sind über 90% der Eschen am Eschentriebsterben erkrankt; der Erreger ist ein aus Asien stammender Pilz namens Falsches Weisses Stengelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus). Andererseits wird die Esche durch den Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis) bedroht. Der aus Ostasien nach Russland eingeschleppte Käfer breitet sich langsam, aber stetig Richtung Westeuropa aus. Die Larven, die sich unter der Rinde entwickeln, sind für Eschen tödlich (Abb. 2). Dies zeigen Zahlen aus den USA, wo der Käfer, in den ersten sechs Jahren seit der Erstidentifikation alleine in Michigan, Ohio und Indiana mehr als 53 Millionen Eschen zum Absterben gebracht hat.

Besitzen Eschen eine Kreuzresistenz?

Interessanterweise sind nicht alle Eschen gleich anfällig gegenüber dem Eschentriebsterben. Immer wieder finden sich einzelne Eschen, die keine oder nur minime Krankheitssymptome aufweisen, obwohl sie von befallenen Bäumen umgeben sind. Solche resistenten Bäume sind sowohl aus ökologischer als auch aus forstwirtschaftlicher Sicht von hohem Wert, da sie den Fortbestand der Esche und der von ihr abhängigen Organismen in pilzbefallenen Gebieten sichern könnten. Es ist davon auszugehen, dass die Esche in der Schweiz in naher Zukunft neben dem Eschentriebsterben auch durch den Eschenprachtkäfer bedroht wird. Falls  Bäume, welche eine erhöhte Resistenz gegen das Eschentriebsterben aufweisen, auch eine Kreuzresistenz gegen den Eschenprachtkäfer zeigen, könnte eine gezielte Förderung von Eschentriebsterben-resistenten Eschen gleichzeitig die Ausbreitung des Käfers verlangsamen und den Erhalt der Eschen ermöglichen.

Um zu untersuchen, ob Eschentriebsterbenresistente Eschen auch eine erhöhte Resistenz gegenüber dem Eschenprachtkäfer aufweisen, sammelten wir Triebe von ausgewachsenen Eschen einerseits mit erhöhter Resistenz gegenüber dem Eschentriebsterben, und anderseits von stark pilzanfälligen Eschen. Wir ernteten befallsfreie Triebe in zehn verschiedenen über die Schweiz verteilten Gebieten. Von jedem Gebiet wurde je ein Eschentriebsterbenresistenter und ein anfälliger Baum beprobt. Zudem bezogen wir Triebmaterial aus Dänemark und Schweden. Von jedem Baum wurden jeweils mehrere Zweige auf Eschenwurzelstöcke zweier Provenienzen gepfropft. Die gepfropften Jungbäume konfrontierten wir dann im Hochsicherheits-Gewächshaus (Sicherheitsstufe 3) der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowohl mit dem Eschentriebsterben als auch mit dem Eschenprachtkäfer.

Es zeigte sich, dass Eschen, die im Feld weniger Eschentriebsterben-Symptome (weniger als 25% Baumkronenverlichtung aufgrund von Pilzbefall) aufzeigten, im Schnitt auch resistenter gegenüber den Larven des Eschenprachtkäfers waren. 18 Tage nach dem Schlupfdatum waren Larven, welche sich in Eschentriebsterbenresistenten Bäumen entwickelten, 40 bis 50% leichter als Larven in anfälligen Bäumen (Abb. 3A). Die Larven entwickelten sich auch langsamer auf Eschentriebsterbenresistenten als auf anfälligen Eschen. Ähnliche Resultate wurden für Larven erzielt, die sich für 45 Tage auf resistenten, beziehungsweise anfälligen Eschen entwickeln konnten (Abb. 3B). 

In einem weiteren Schritt wurden Schweizer Eschenpfröpflinge gezielt mit dem Erreger des Eschentriebsterbens infiziert. Nach 14 Wochen wurden die Pilznekrosen ausgemessen. Die Nekrosenlänge kann als Eschenresistenzindikator herangezogen werden. Dabei wurde erwartet, dass der Pilz sich auf Eschentriebsterben-resistenten Eschen weniger gut ausbreiten kann als auf anfälligen Eschen. Das heisst, resistente Eschen weisen kürzere Pilznekrosen auf als pilzanfällige Eschen. Ein Vergleich zwischen Pilzresistenz (Nekrosenlänge) und Käferresistenz (Larvengewicht) zeigt, dass die beiden Faktoren positiv miteinander korrelieren (Abb. 4). Larven erreichten geringere Gewichte auf Bäumen, auf denen kürzere Pilznekrosen gemessen wurden. Je resistenter eine Esche gegenüber dem Eschentriebsterben ist, desto resistenter ist sie also auch gegenüber dem Eschenprachtkäfer.

Welche Faktoren erklären Kreuzresistenz?

Sowohl der Pilz als auch die Käferlarven ernähren sich von den Leitgefässen und angrenzenden Strukturen der Esche. Eschen, welche eine erhöhte Resistenz gegenüber Pilz und Käfer aufweisen, unterscheiden sich daher möglicherweise in der chemischen Zusammensetzung des Phloems.

Um diese Hypothese zu testen, ernteten wir von fünf bis sieben Replikaten von je drei pilzresistenten und drei pilzanfälligen Eschen das Phloem und analysierten dessen chemische Zusammensetzung. Gleichzeitig infizierten wir ein zweites Set an Bäumen mit Eschenprachtkäferlarven, um zu testen, ob sich Entwicklungsunterschiede auf den verschiedenen Bäumen durch Unterschiede in der Phloem- und Kambiumchemie erklären lassen. 

Tatsächlich fanden wir heraus, dass sich Eschentriebsterbenresistente und -anfällige Bäume in der Zusammensetzung der Phloem- und Kambiumchemie unterscheiden. Zudem erklärten die chemischen Unterschiede die Gewichtsunterschiede der Käferlarven auf resistenten und anfälligen Bäumen. Unsere Resultate deuten darauf hin, dass nicht ein einzelner chemischer Stoff, sondern der Unterschied im chemischen Cocktail zwischen resistenten und anfälligen Eschen für die Kreuzresistenz gegenüber dem Eschentriebsterben und dem Eschenprachtkäfer verantwortlich ist.

Es besteht Grund zur Hoffnung

Die nachgewiesene Kreuzresistenz gegenüber dem Eschentriebsterben und dem Eschenprachtkäfer ist Grund zur Hoffnung. Eine gross angelegte Förderung von Bäumen mit erhöhter Eschentriebsterben-Resistenz könnte dazu beitragen, Schweizer Eschenpopulationen für die bevorstehende Ankunft des Eschenprachtkäfers in Mitteleuropa zu rüsten. Darüber hinaus kann die Förderung von Eschentriebsterberesistenten Genotypen auch Käfermanagementstrategien in bereits vom Käfer befallenen Regionen unterstützen. So könnte beispielsweise ein geringeres Gewicht der Käferlarven, wie es auf Eschentriebsterbenresistenten Bäumen in unserer Studie beobachtet wurde, zu einer erhöhten Überwinterungsmortalität und zu kleineren Weibchen mit geringerer Fruchtbarkeit führen. Darüber hinaus können verringerte Entwicklungsraten das Zeitfenster für die biologische Bekämpfung durch Parasitoiden oder für die Identifizierung und Entfernung von käferbefallenen Bäumen vergrössern.

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